Geschäftsmodellinnovation


Geschäftsmodelle sind häufig nur begrenzte Zeit wirtschaftlich und finanziell tragfähig. Geschäftsmodellinnovationen resultieren u.a. aus veränderten Markt- und Anwendungsbedingungen, einer veränderten politischen Situation, neuen Technologien oder wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wie läßt sich diesen Veränderungen proaktiv begegnen?

Was erfahren Sie in diesem Beitrag? – Inhalte

Was ist eine Geschäftsmodell?

Ein Geschäftsmodell (business model) wird im Wesentlichen durch folgende 4 Punkte beschrieben

  • Markt und Zielgruppe
  • das Produkt bzw. Dienstleistung und das Nutzenversprechen
  • die erforderlichen Prozesse, Ressourcen und Kooperationspartner
  • die  Organisationsform eines Unternehmens mit allen Schnittstellen um das Kundenbedürfnis  bzw. Nutzenversprechen wirtschaftlich zu erfüllen.

Was ist eine Geschäftsmodellinnovation?

Mit der oben beschriebenen Definition kann eine Geschäftsmodellinnovation als die bewußte Abkehr bzw. Veränderung von mindestens einem der oben genannten Elemente bezeichnet werden.

In einer groben Vereinfachung kann man auch sagen, das Geschäftsmodell („business model“ ) beschreibt, wie, mit wem, warum und womit ein Unternehmen Gewinne erzielt, die Geschäftsmodellinnovation ist die gezielte Abkehr bei einer der Antworten auf diese Fragen.

Methoden zur Entwicklung eines Geschäftsmodells

Business Model Canvas und Business Model Navigator

Ein Geschäftsmodell ist streng genommen nur ein wissenschaftliches Modell, aber mit erheblicher wirtschaftlicher Relevanz.  Zwei theoretische Ansätze aus der Wissenschaft zur Beschreibung und Optimierung eines Geschäftsmodells haben sich in der Praxis bewährt.

  • Business Model Canvas („BMC“, A. Osterwalder et.al, strategyzer.com)
  • Business Model Navigator („BMN“, O.Gassmann et.al., Universität St. Gallen)

Der Business Model Navigator ist als magisches Dreieck / dreiseitige Pyramide mit 4 Leitfragen aufgebaut und damit etwas einfacher in der Handhabung. Die Business Model Canvas ist eine differenziertere Analyse mit 9 zu bearbeitetenden Feldern, wobei es zwischen den beiden Methoden natürlich Überschneidungen und gleiche Inhalte gibt.

Business Model Navigator BMN – 4  Leitfragen

  • WAS – ist das Werte- / Nutzenversprechen?
  • WER – ist die Zielgruppe / Kunde?
  • WIE –  und mit welchen Prozessen wird der Gewinn erwirtschaftet?
  • WARUM – sollte der Kunde kaufen?

Business Model Canvas BMC – 9 Felder

  1. Markt-/ Kundensegment
  2. Wert-/ Nutzenversprechen
  3. Kommunikations-, Verteilungs- und Vertriebs-Kanäle
  4. Kundenbeziehung
  5. Einnahmenströme
  6. Schlüsselaktivitäten
  7. Schlüsselressourcen
  8. Schlüsselpartner
  9. Kostenstruktur

Geschäftsmodellanalyse

Zu Beginn jeden Entwicklungsprojektes sollte – auch vor dem Hintergrund des Risikomanagement – eine Analyse des Geschäftsmodells stehen. Vereinfacht läßt sich die Geschäftsmodellanalyse in einigen, wenigen Fragen zusammenfassen:

  • Wie verdienen wir heute unser Geld?
  • Ist dieses Geschäftsmodell auch zukünftig tragfähig?
  • Gibt es Chancen unsere Kunden besser und/ oder weitere Kundengruppen zu erreichen?
  • Investieren wir unser Entwicklungsbudget jetzt in das richtige Produkt?

Die Geschäftsmodellanalyse wird leider viel zu selten durchgeführt, weil man die gewohnten und etablierten Strukturen akzeptiert und nicht hinterfragt. Dennoch bieten sich gerade hier Chancen für Geschäftsmodellinnovation. Eine Analyse des Geschäftsmodells ist z.B. nicht Teil von QFD – quality function deployment – der etablierten Methode innerhalb von Six Sigma, von Lean Developement und auch von Wertanalyse um Kundenwünsche in ein belastbares Pflichtenheft umzuwandeln.

Kundenbedürfnisse und gesellschaftliche Randbedingungen ändern sich über die Zeit. Andere Arbeitsweisen und technologische Entwicklungen bieten neue Möglichkeiten für Unternehmen, die Kundenbedürfnisse besser, einfacher oder kostengünstiger zu erfüllen und neue Kundenschichten zu erreichen. Damit ist der Weg zur Geschäftsmodellinnovation nicht mehr (so) weit.

Beispiele erfolgreicher Produktentwicklung

Viele Produkte am Markt haben inzwischen einen sehr hohen Reifegrad. Jedwede Weiterentwicklung ist kostenintensiv und der für den Kunden erkennbar Nutzenvorteil häufig gering. Viele Produkte sind  aus Sicht des Kunden „gut genug“ und bedürfen keiner Verbesserung. D.h. auch, dass diese Kunden nicht bereit sind, ein verbessertes, neues Produkt zu kaufen, solange das alte, vorhandene Produkt seinen Dienst tut.

Deshalb stellen wir die Frage nach dem Geschäftsmodell häufig an den Anfang einer Produktentwicklung: „Wollen wir so weitermachen wie bisher?“ oder „Welche Kundengruppen erreichen wir mit dem heutigen Produkt NICHT?“

Allein diese einfachen Frage liefert oft Ideen und Verbesserungsvorschläge für bestehende Produkte – ohne dass eine zeit- und kostenintensive Neuentwicklung erforderlich wird. In der Rubrik „Praxisberichte“ finden Sie einige Projektbeispiele mit einer Beschreibung der Ziele, der Vorgehensweise und der verwendeten Methoden.

Kann ein Unternehmen mehrere Geschäftsmodelle verfolgen?

Ja, ein Unternehmen kann mit mehreren Geschäftsmodelle gleichzeitig erfolgreich sein – sogar mit dem physisch identischen Produkt! Auch innerhalb einer Branche können Unternehmen mit mehreren, verschiedenen Geschäftsmodelle gleichzeitig erfolgreich sein.

Geschäftsmodellinnovation

Die strukturierte Analyse des Geschäftsmodells liefert sehr oft und schnell Ideen für eine Geschäftsmodellinnovation. Ob diese Ideen dann tatsächlich weiterentwickelt und implementiert werden, hängt sehr stark von der Innovationskultur im Unternehmen ab. Vielfach erfordert ein geändertes Geschäftsmodell auch eine veränderte oder neue Unternehmensorganisation und Vertriebsstruktur, damit die Geschäftsmodellinnovation von einer Chance zu einem Erfolg werden kann.  Ob der Erfolg dann eintritt, zeigt sich erst später mit Zeitverzögerung in der Marktreaktion und zuletzt im Unternehmensgewinn.

Beschreibt ein Geschäftsmodell vereinfacht dargestellt die aktuellen Produkte, die Art und Weise wie ein Unternehmen Abläufe und Prozesse organisiert, wie es seine Gewinne erzielt und wie es über Schnittstellen nach aussen mit Kunden, Lieferanten und Partnern kommuniziert, so ist die Geschäftsmodellinnovation (business model innovation) die bewußte, vorsätzliche Abkehr in mindestens einem dieser Teilbereiche.

altes Produkt in neuem Geschäftsmodell = Geschäftsmodellinnovation?

Kann ein „altes“, reifes und ausentwickeltes Produkt, das eventuell sogar schon am Ende seines Produktlebenszyklus angelangt zu sein scheint, die Basis für eine Geschäftsmodellinnovation sein?

Ja, manchmal ist dies möglich. Denn mit einem einzigen Geschäftsmodell lassen sich in der Regel nicht alle potentiellen Kunden gleichzeitig erreichen.

Als ein Beispiel sei hier nur der Unterschied zwischen einem Käufer im stationären Einzelhandel und einem Online-Käufer genannt. Die Produkte – Elektronikartikel, Schuhe, Kleidung, Reifen, Spielzeug etc. – sind vollkommen identisch und stammen vom selben Hersteller. Daß sich dann allerdings die Unternehmenstrukturen, Vertriebsstrukturen, Partner- und Kommunikationskanäle verändern müssen, ergibt sich zwangsläufig.

Ein weiteres Beispiel aus dem industriellen Umfeld sind aufgearbeitete Gebrauchtmaschinen – vielfach vom Hersteller zurückgekauft und aufgearbeitet um anschließend mit Garantie und Service-Vertrag in neue, weniger kaufkräftige Märkte verkauft zu werden.

Auslöser und Methoden für Geschäftsmodellinnovation

  • Glück & Kundenanfragen
  • Kundenbedürfnisanalysen
  • Anwendungsanalyse des Produkts
  • Produktentwicklungsstrategie
  • Reverse Innovation
  • Geschäftsmodellanalyse
  • Geschäftsprozessanalyse
  • Wettbewerbsanalyse
  • Trend-Scouting

Glück

Zugegeben: In vielen Fällen hat sich durch eine Idee oder durch eine Kundenanfrage eine Chance aufgetan und der Visionär und Unternehmer hat sie erkannt und genutzt – Manchmal muss man einfach Glück haben und zur richtigen Zeit die richtigen Dinge tun. Aber Glück ist leider selten eine wiederholbare Basis für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.

Kundenbedürfnisanalysen

Zu Beginn einer jeden Produktentwicklung sollte eine Markt- und Kundensegmentierung sowie eine Kundenbedürfnisanalyse stehen. Diese kann z.B. in Rahmen eines QFD-Workshops erfolgen. Kundenwünsche und Kundenbedürfnisse verändern sich mit der Zeit z.B. als Folge geänderter Lebens- und Arbeitsbedingungen, gesellschaftlicher Veränderungen oder neuer Technologien.  Typischerweise setzt hier eine Produktweiterentwicklung an.

Vielfach bieten sich an dieser Stelle auch Chancen für Unternehmen durch ein verändertes Geschäftsmodell, die Kundenbedürfnisse besser, einfacher oder kostengünstiger zu erfüllen und / oder  neue Zielgruppen zu erreichen.

Anwendungsanalyse des Produkts

Viele Produkte sind schon lange Zeit mehr oder minder unverändert auf dem Markt. Weil sich die Anwendungsbedingungen und / oder wirtschaftliche und gesellschaftliche Randbedingungen geändert haben, erfüllt das bestehende Produkt innerhalb seines bestehenden Geschäftsmodells die Anforderungen nicht mehr zufriedenstellend. Anstelle das Produkt zu verändern kann es in manchen Fällen sinnvoller sein, das Geschäftsmodell zu verändern z.B. statt Produktverkauf Produktleasing, Produktmiete, Pay-per-use oder vielleicht ein Service- oder Betreibermodell. Gerade im letztgenannten Fall wird allerdings das Produkt in der Regel an die neuen Anforderungen des Geschäftsmodells angepasst werden.

Produktentwicklungsstrategie

Sobald im Produktmanagement über Nachfolgeprodukte und Marktchancen nachgedacht wird, um die zukünftigen Produktfamilien, Produktgenerationen und Produktvarianten zu definieren, sollte im Zuge der Produktentwicklungsstrategie auch das zum Produkt gehörige Geschäftsmodell betrachtet und einer kritischen Geschäftsmodellanalyse unterworfen werden. Vielfach wird der Produktlebenszyklus eines Produkts viel zu früh beendet, nur weil man das Geschäftsmodell nicht verändern will um Marktchancen zu erschließen.

Geschäftsmodellanalyse

Zur Geschäftsmodellanalyse und damit zur Beschreibung der Teilbereiche eines Geschäftsmodells haben sich 2 Vorgehensweisen etabliert.

  • Business Model Canvas („BMC“, A. Osterwalder et.al, strategyzer.com)
  • Business Model Navigator („BMN“, O.Gassmann et.al., Universität St. Gallen)

Beide Vorgehensweisen bieten eine solide Grundlage für die nächsten Schritte zur Geschäftsfeldinnovation. Wenn dem aktuellen Geschäftsmodell – IST ein zukünftiges MÖGLICH oder SOLL gegenüber gestellt wird, lassen sich sehr anschaulich denkbare neue Konstellationen eines Geschäftsmodells aufzeigen. Innerhalb des BMN werden mehr als 50 Ausgestaltungsprinzipien innerhalb eines Geschäftsmodells aufgezeigt, die die Ideengenerierung anregen.

Reverse Innovation

Reverse Innovation ist ein Begriff der von Generel Electric und Vijay Govindarajan geprägt wurde. Reverse Innovation kann als eine Kombination von

beschrieben werden. Häufig gelingt es dadurch, Produkte für Schwellenländer d.h. bisherige Nicht-Kunden zu schaffen. Ebenso kann es gelingen, bisher nicht erkannte Anwendungsfelder in entwickelten Märkten zu identifizieren.

Bei der Vorgehensweise der Reverse Innovation erfolgt im ersten Schritt eine Geschäftsmodellanalyse wie beschrieben. Eine wichtige Frage ist, welche Bedürfnisse bei welchen Kunden bzw. Zielmärkten mit dem heutigen Produkt befriedigt werden. Dazu kann die QFD-Methode genutzt werden.

Die Ergebnisse der Geschäftsmodellanalyse und des QFD liefern im Sinne der IST- IST-Nicht-Analyse nach Kepner Tregoe das „IST“. Als nächster Schritt wird das „IST- NICHT“ formuliert z.B.

  • Welche Eigenschaften und Merkmale hat das Produkt?  – Und welche NICHT?
  • Welche Kunden werden aktuell bedient? – Und welche NICHT?
  • In welchen Märkten / Marktsegmenten wird das Produkt aktuell verkauft? – In welchen NICHT?

Häufig zeigt das „IST NICHT“ sehr interessante Aspekte auf, wo und warum trotz identischer Kundenbedürfnisse das heutige Produkt für diese potentiellen Kunden nicht geeignet ist, nicht gekauft oder nicht genutzt wird.

Damit ergeben sich Innovationspotentiale und die Chance, weitere interessante Zielgruppen für ein bestehendes Produkt zu identifizieren oder neue Märkte mit modifzierten Produkten zu erschließen.

Geschäftsprozessanalyse

Die Geschäftsprozessanalyse ist eine Prozessanalyse mit Fokus auf der Unternehmensorganisation und den Geschäftsprozessen. Sich ändernde Kundenforderungen, verschärfter Wettbewerb oder neue technologische Entwicklungen haben zur Folge, dass bestehende Geschäftsprozesse immer wieder überprüft und optimiert werden sollten.

Die Kriterien, nach denen Organisation und Prozessabläufe beurteilt werden sind z.B.

  • Kosten
  • Kapazität vs. Auslastung
  • Qualität
  • Durchlaufzeit

Die Verschwendungsarten des Lean Management lassen sich ebenfalls sehr gut anwenden.  Der logische Folgeschritt ist meist eine (evolutionäre) Geschäftsprozessoptimierung. In einigen Fällen ergeben sich auch Chancen oder derart ausgeprägte Veränderungen des Geschäftsprozesses, das eine Anpassung des Geschäftsmodells erforderlich wird oder eine Geschäftsmodellinnovation entsteht.

Wettbewerbsanalysen & Best Practice

Manche Dinge macht der Wettbewerb besser, schneller und kostengünstiger. Warum nicht von ihm lernen, geschickt kopieren und die Schwachstellen des Wettbewerbs ausmerzen? Klingt vielleicht ethisch nicht ganz korrekt, aber ein „Fast Follower“ macht genau dies. Gekoppelt mit dem Blick über den Zaun auf Technologie- und Innovationsführer aus anderen Branchen kann diese Vorgehensweise ebenfalls Quelle für Geschäftsmodellinnovationen sein.

Wettbewerbsanalysen sind übrigens auch Teil der QFD-Methode.

Trend-Scouting

Trend-Scouting ist eine Wissenschaft für sich. Viele Veränderungen mit ihren Folgen sind gut prognostizierbar, wann sich jedoch tatsächlich daraus Marktchancen ergeben, bleibt schwierig prognostizierbar. Viele Produktinnovationen und Geschäftsfeldinnovationen kamen zu früh, zahlreiche Visionäre sind gescheitert. Es ist sinnvoll, im Zuge der Geschäftsfeldinnovation sich Trends anzusehen – allein schon aus Gründen des Risikomanagements -, wir ergänzen dies in der Regel mit den weiter oben genannten Herangehensweisen.

disruptive Innovationen

Disruptive Innovationen sind oft Auslöser für Geschäftsmodellinnovationen. Vielfach sind sie nicht planbar, sondern werden von begeisterten Erfindern voran getrieben, die in den frühen Entwicklungsphasen von finanzstarken Visionären unterstützt werden. Typischerweise erfolgt oft ein „backdoor entry“, d.h. die disrutive Technologie reift in anderen Märkten um dann überraschend die etablierte Technologie und Anbieter zu verdrängen.

Beratung zu Produktentwicklung und Geschäftsmodellentwicklung

Wir helfen Ihnen, bessere Produkte zu entwickeln und neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage. Hier ist Ihr Kontakt zu uns.


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