attributive Prüfung
Praxisbericht attributive Prüfung
MSA und attributive Prüfung inhouse training-on-the-job Automotive – Beispiel
Dieser Praxisbericht ist entstanden vor dem Hintergrund eines inhouse-Trainings Messsystemanalyse MSA & attributive Prüfung bei einem Automobilzulieferer. Wir führten dies als training-on-the-job an konkreten Bauteile und Baugruppen aus dem Unternehmen durch.
Was erfahren Sie in diesem Beitrag? – Inhalte
„Unsere Reklamationsquote ist gestiegen! Wieso?“
Auslöser für das inhouse-Training waren ständig wiederkehrende Reklamationen durch den Kunden wegen schwankender Lieferqualität und Liefermenge. Man hatte bereits den Fertigungs- und Montageprozess gründlich analysiert und auch einige Verbesserungsmassnahmen implementiert.
Die Verbesserungen waren allerdings nicht ausreichend.
Deshalb wurde im nächsten Schritt der Prüf- und Beurteilungsprozess kritisch hinterfragt.
Hintergrund
Der Automobilzulieferer steht unter starkem Kosten- und Wettbewerbsdruck. Die Liefertreue ist unzureichend u.a. als Folge zu hoher Ausschußquoten. Wegen der unzureichenden Liefertreue sind Folgeaufträge gefährdet. Diese kritische Situation betrifft mehrere Produkte / Produktlinien.
Nach Umsetzung von Prozessoptimierungsmassnahmen zeigen sich immer noch erhebliche Qualitätsschwankungen und eingeschränkte Lieferfähigkeit.
Interessanterweise wurden die Ergebnisse dieses Beispiels in einer 2-tägigen MSA-Schulung (!) erarbeitet. Die Bestätigung der vermuteten Ursachen und die Implementierung des verbesserten Prüfprozesses nach dem Training war selbstverständlich.
Kunde
mittelständiger Automobilzulieferer, ca. 70 Mio Euro Umsatz, ca. 250 Mitarbeiter
Branche
Automotive
Aufgabenstellung
- Mitarbeiter in Messsystemanalyse mit Schwerpunkt attributive Prüfung an unternehmenseigenen Bauteile und Baugruppen trainieren
- Vorgehensweise im Unternehmen dauerhaft verankern
- Kostensenkung & Prozessstabilisierung
Teilnehmer der Schulung MSA und attributive Prüfung
Weil MSA und attributive Prüfung nicht nur unternehmensintern wichtig ist, sondern sehr stark die Kunden-Lieferantenbeziehung beeinflußt, nahmen an dem Training neben Mitarbeitern der QS und den schichtbegleitenden Laufprüfern auch Kundenmanager teil, die Vertragsverhandlungen mit den Kunden verantworten.
Inhalte und Vorgehensweise MSA und attributive Prüfung
Im 2-tägigen MSA Training vermittelten wir
- Hintergründe und statistischen Grundlagen von MSA
- MSA Verfahren 1 – messbare Merkmale
- MSA Verfahren 2 – messbare Merkmale
- MSA Verfahren 7 – attributiver Eignungstest – qualitative Merkmale
Das jeweilige Methodenelement wird zunächst als Kurzvortrag in der Theorie mit einem Beispiel dargestellt ggfs. auch mit Übungsobjekten erläutert. Anschließend üben die Teilnehmer mit diesem Methode in Kleingruppen an eigenen Themen. Die Ergebnisse aus den Kleingruppen werden anschließend besprochen.
Einen Großteil der Trainingszeit nehmen die zahlreiche Übungen an Beispielen und Bauteilen aus dem eigenen Unternehmen ein. Dies hilft sehr, die zuvor dargestellten Grundlagen erlebbar und nachvollziehbar zu machen.
Das Üben an eigenen Themen verbessert den Lernerfolg bei den Mitarbeiter und erzeugt Betroffenheit – wie in diesem Fall bei der attributiven Prüfung. Gerade hier war es für alle Teilnehmer auffällig, wie subjektiv und unterschiedlich ihre Beurteilung an ein- und demselben Bauteils ausfallen.
Dies sorgte für die Bereitschaft, das bisherige Prüfvorgehen zu verbessern und es dauerhaft zu implementieren.
Das Problem
Hintergrund
Das Unternehmen stellt dekorative Aussenteile für PKW aus Kunststoff her. Diese werden nach der Fertigung zu 100% visuell geprüft, nach Freigabe verpackt und mit speziellen Transportbehältern ausgeliefert. Aussortierte Teile werden verschrottet, Nacharbeit ist nicht möglich. Beim Kunden erfolgt eine (wegen Reklamationen eingeführte) Wareneingangsprüfung bzw. eine inline-Prüfung unmittelbar vor dem Verbau.
Fehlerkosten des Problems
Eine erste, grobe Abschätzung der internen Ausschußquoten für ein Beispiel-Produkt durch die Teilnehmer in der Schulung ergab folgendes Bild:
- ca. 35% Ausschuß nur durch Sortierung
- 25% – 40% Abweichung in der Beurteilung (auf Basis der beurteilten Bauteile im Training)
- Hochrechnung : ca. > 350.000 Euro Kosten für Ausschuß und Entsorgung intern
- Mehraufwand für Nachproduktion und Lieferverzug wurden nicht bewertet
Laut Aussage des Kundenmanagers werden ca. 4- 8% der Lieferungen vom Kunden zurückgewiesen. Hier erfolgte keine Kostenschätzung im Training.
Problemeingrenzung und Ursachen
Die Übungen an den Übungsmuster & Beispielen mit eindeutiger Prüfanweisung und Prüferunterweisung zeigten sehr deutlich, dass die Teilnehmer/ Mitarbeiter sicher in der Lage waren, gute von schlechten Teilen zu unterscheiden und die Fehler eindeutig beschreiben und sicher identifzieren konnten.
Prozessfähigkeit attributive Prüfung
Sobald an den unternehmenseigenen Bauteilen und Baugruppen geübt wurde, ergab sich ein vollkommen anderes Bild. Je nach Produkt waren Beurteilungsunterschiede von 13% bis 38% festzustellen.
D.h. ein Prüfer hätte von 100 Bauteilen 13 St. entsorgen lassen, der andere Prüfer 38 St. ! (immer identische Bauteile als Prüfobjekt eines Produkts).
Zur Ursachenanalyse wurde Brainstorming verwendet und auch ein paar Anregungen und Denkrichtungen der Problemlösungsmethoden genutzt.
Die Ursachen wurden von den Teilnehmer schnell identifiziert (Auszug):
- unzureichende, ungenaue Prüfanweisung
- fehlende/ unzureichende Schulung / Unterweisung
- fehlende Informationen über Spezifikationsänderungen
- unterschiedliche Nutzung von Hilfs- und Prüfmitteln
- nicht erkannter Sehfehle / Sehschwäche eines Teilnehmers
- Rot-Grün-Schwäche eine männlichen Teilnehmers
- unzureichende / unterschiedliche Beleuchtung ( über Schichten Tag / Nacht)
- fehlende Referenzobjekte & Grenzmuster
Nach dem Erstellen und Trainieren einer optimierten Prüfanweisung ergaben sich Beurteilungsunterschiede von 9% bis 13% – unter Berücksichtigung der Trainingsbedingungen eine signifikante Verbesserung.
Ergebnis
interne Prüfanweisung
Auf Basis dieser Erkenntnisse entstand eine Empfehlung für eine verbesserte, zunächst interne Prüfanweisung.
Gut- und Schlechtmuster als Prüfmittel der attributiven Prüfung
Ein weiteres, wichtiges Element um den Prüfprozess zu verbessern, war die Einführung von Gut- und Schlechtmustern für das jeweilige Fehlerbild mit Fehlerkennzeichnung, Beschreibung und im Folgeschritt Ursache und Abstellmassnahme(n) im Prozess.
Prüfanweisung Kunde – Lieferant
Aus der Diskussion mit dem Kundenmanager ergab sich, dass zwischen dem Unternehmen und dem Kunden zwar eine Prüfanweisung abgestimmt war, dass aber viele der von den Teilnehmern als wichtig identifzierten Elementen nicht beinhaltet waren. D.h. der Kunde wird vermutlich ebenso subjektiv wie die internen Prüfer geprüft haben – mit den entsprechend zu erwartenden Abweichungen.
In einem Folgeschritt zum Training versprach der Kundenmanager, mit einem Vorschlag auf Basis der verbesserten internen Prüfanweisung das Gespräch mit dem Kunden suchen.
Auswirkung auf den Unternehmensgewinn
Ausschussreduzierung ist eine der wirksamsten Hebel um den Unternehmensgewinn zu verbessern.
Wir möchten dies an einer fiktiven Rechung für dieses Unternehmen zeigen:
Annahmen:
- 70 Mio Euro Umsatz
- 10% Umsatzrendite (Annahme)
- = 7 Mio. Euro Gewinn
- 100.000 Bauteile pro Jahr (obiges Beispiel)
- 20% durchschnittlich Ausschussquote nach Sortierung
- = 20.000 Teile Ausschuß
- 10€ / St. Herstellkosten
- = 200.000 Euro Ausschuss
Wenn es gelingt wie in diesem Beispiel durch Optimierung und Schulung des Prüfprozesses die Ausschussquote zu halbieren (= 10%) ergibt sich folgendes Bild:
- 100.000 Bauteile pro Jahr (obiges Beispiel)
- 10% durchschnittlich Ausschussquote nach Sortierung
- = 10.000 Teile Ausschuß
- 10€ / St. Herstellkosten
- = 100.000 Euro Ausschuss
- = 100.000 Euro zusätzlicher Unternehmensgewinn
Dies entspricht einer Verbesserung des Unternehmensgewinns von 1,4% entsprechend einer Umsatzsteigerung von 1 Mio. Euro. Bei dieser eher konservativen Betrachtung sind die Effekte durch eine verbesserte Abstimmung mit dem Kunden noch nicht berücksichtigt.
Eine Beobachtung am Rande: Sowohl das Unternehmen selbst als auch der Kunde sind zertifiziert und orientieren sich u.a. an den Vorgaben des VDA. Diese VDA-Vorgaben und Empfehlungen hatten leider nicht den Weg in die tägliche Praxis gefunden.
Fazit
Zuverlässige, robuste Messsysteme sind ein Muss um die Qualitäts- und Kostenziele zu erreichen. Hohe Ausschusszahlen können nicht nur durch Materialschwankungen und / oder unzuverlässige Prozesse, sondern auch durch unzuverlässige Messsysteme und Prüfverfahren verursacht werden.
MSA Messsystemeanalyse Schulung, attributive Prüfung
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