SPC-Regelkarte / Qualitätsregelkarte QRK


Was ist eine SPC – Regelkarte?

SPC – Regelkarten – auch als control charts oder Qualitätsregelkarte (QRK) bezeichnet – dienen in der statistischen Prozesskontrolle SPC (statistical process control) als einem Teil des präventiven  Qualitätsmanagement dazu, Prozesse zu überwachen und stabil zu halten.
Ziel ist es,  Veränderungen frühzeitig zu erkennen um noch rechtzeitig korrigierend eingreifen zu können – bevor im Prozess Teile ausserhalb der Toleranz entstehen.
Was erwartet Sie in diesem Beitrag? – Inhalte

Gute Produkte entstehen in guten Prozessen! … und schlechte Produkte?

… Schlechte Produkte entstehen in den gleichen Prozessen, allerdings mit veränderten Prozessparametern. Bewußt hat niemand etwas verändert oder in den Prozess eingegriffen. Oft sind die Prozessparameter einfach nur „aus dem Ruder gelaufen“ und das leider mit gravierenden Folgen.

2 Fragen bleiben leider aus Unternehmenssicht vielfach unbeantwortet:

  • Warum ist die Abweichung entstanden?
  • Wie können wir es zukünftig vermeiden?

Hintergrund SPC und Qualitätsregelkarten

SPC wurde von Walter A. Shewhart in den USA entwickelt. Auslöser war das Bestreben, die Produktqualität durch eine gesteigerte Prozessstabilität zu verbessern. Einen wesentlichen Einflussfaktor auf die Produktqualität vermutete Shewhart in der Streuung der Einzelkomponten.

Ursachen für Streuung

Shewhart nahm (zu recht) an, dass die Gesamtqualität des Endproduktes eine Folge der kombinierten Streuungen seiner Einzelkomponenten ist. Als Ursache für Streuung innerhalb der Einzelkomponenten entdeckte er zwei grundsätzliche Mechanismen:

  1. Streuung aufgrund von allgemeinen, unspezifischen Einflüssen und zufälligen Abweichungen. Diese ergeben sich aufgrund eines stochastischen Prozesses und werden auch als Rauschen bezeichnet.
  2. Streuung als Folge von besonderen Ursachen z.B. Fehlverhalten, Fehleinstellungen, Materialveränderungen, Maschinenverschleiß.

Fehler in der Ursachenanalyse von Streuung

Shewhart stellte in der gelebten Unternehmenspraxis und dem Versuch, durch Prozesseingriffe Streuung zu reduzieren, zwei wiederkehrende Gründe fest, warum die Prozessstabilität sich nicht verbesserte:

  • Nicht – Wissen der Mitarbeiter oder des Unternehmens
    • Nicht alle Einflussfaktoren auf den Prozess sind bekannt bzw. werden überwacht.
  • Fehlentscheidungen auf Basis subjektiver Einschätzung
    • Eine Abweichung wird einer besonderen Ursache zugewiesen, obwohl sie von einer allgemeinen Ursache hervorgerufen wurde d.h. Folge des Rauschens ist.
    • Eine Abweichung wird einer allgemeinen Ursache zugeordnet, obwohl sie Folge einer ganz speziellen, besonderen Ursache und damit nicht zufälliger Natur ist.

Die weitere, wichtige Erkenntnis von Shewhart war, dass das Messsystem, die Maschine und der Prozess mit ihrer jeweils eigenen Streuung Einfluss nehmen und deshalb stabil sein müssen (oder zumindest in ihrer Streubreite bekannt und begrenzt) bevor die Einführung von Qualitätsregelkarten sinnvoll ist.

Exkurs Statistik – Prozessmittellage und Standardabweichung

Grundlage aller statistischen Analysen ist die Feststellung, dass sich ein Prozess oder die Kenngröße einer Stichprobe durch zwei Kennwerte beschreiben lassen:

  • die Prozessmittellage (der Mittelwert) aller Messwerte
  • die Streuung (oder Standardabweichung) von der Mittellage

Die Art des Prozessparameter, des Produktmerkmals oder der Kenngröße, die gemessen bzw. überwacht wird, wird durch unterschiedliche mathematische Modelle ( = Verteilungen) beschrieben. Deshalb werden die beiden genannten Kenngrößen entsprechend dem jeweiligen gewählten mathematischen Modell unterschiedlich berechnet.

Messsysteme streuen

Die Forderung an das Messsystem ist, dass seine Auflösung hoch und die Streuung des Messsystems gering – und zumindest bekannt – sein muss. Ein wichtiger Schritt bei der Erstellung von Regelkarten ist deshalb eine bestandene Messsystemanalyse (MSA).

Hier geht es zu unserer Schulung Messsystemanalyse MSA

Bei der Messsystemanalyse wird die Streuung in 2 Stufen analysiert:

  • Verfahren 1 überprüft das Messgerät / Messmittel.
  • Verfahren 2 überprüft den Bedienereinfluss
  • (Verfahren 3 ist ein Sonderfall von Verfahren 2)

Vorausgehend zu Verfahren 1 bzw. 2  muss die Erstellung der Messvorschrift („Arbeitsanweisung zum Messen“) erfolgen.

Für die Messsystemanalyse existieren Vorgaben bzgl. zu erreichender Kenngrößen z.B. Auflösung und GRR (Gauge Repeatability & Reproducibility). Werden diese erreicht, gilt das Messsystem als fähig.

Im nächsten Schritt wird dann die Maschinenfähigkeit in der Regel als Kurzzeit- und was selten möglich ist auch Langzeitstichprobe – analysiert.

Maschinenfähigkeit Cm und CmK bestimmen

Nicht die neue Maschine ist die beste Maschine, sondern diejenige Maschine, die man beherrscht, die optimal auf die Fertigungsbelange angepasst und die nur eine geringe Streuung aufgrund von bekannten und beherrschten Ursachen aufweist. Dies ist eine grundlegende Erkenntnis im Lean Management.

Im Zuge der Erstellung von Qualitätsregelkarten wird deshalb nach der Messmittelfähigkeit in einer Maschinenfähigkeitsuntersuchung MFU die Maschinenfähigkeit Cm bzw. Cmk bestimmt.

Cm ist eine Abkürzung und bedeutet „Capability machine“

Zielgrößen sind hier wieder Cm bzw. Cmk ≥1,33 für Langfrist-, und ≥1,67 für Kurzfrist-Stichproben. Werden diese Werte erreicht, ist die Maschinenfähigkeitsuntersuchung bestanden und die Maschine wird als „fähig“ bezeichnet.

Stichproben streuen

Nur in Ausnahmefällen wird Gesamtheit aller Objekte untersucht.  Man arbeitet in der Regel mit einer (hoffentlich repräsentativen) Stichprobe. Stichproben sind selten repräsentativ und deshalb eine potentielle Fehlerquelle, die eine verläßliche Prozesskontrolle verhindern können. Deshalb muss die Stichprobennahme eindeutig und dem jeweiligen Analyse- bzw.Aussageziel angepasst definiert sein.

Beratung und Schulung Prüfprozess und Messsysteme

Prozessfähigkeit Cp und Cpk ermitteln

Nachdem die Streuung des Messsystems und der Maschine bekannt ist, wird im dritten Schritt zur Erstellung von Qualitätsregelkarten eine Prozessfähigkeitsuntersuchung durchgeführt.

Grenzwerte der Prozessfähigkeit sind ein

  • Cp bzw. Cpk ≥1,33 für Langfrist-Stichproben
  • Cp bzw. Cpk ≥1,67 für Kurzfrist-Stichproben

Werden diese Werte erreicht, gilt der Prozess als „fähig“. Cp ist eine Abkürzung und bedeutet „Capability process“. Der Index K kennzeichnet einen nicht-zentrierten Prozess, d.h. die Prozessmittellage weicht von der Toleranzmitte ab.

Lernen Sie die Grundlagen von SPC und Qualitätsregelkarten in unserem SPC-Training kennen …

Arten von Daten für Qualitätsregelkarten

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher SPC -/ Qualitätsregelkarten. Welcher Typ von Regelkarte verwendet wird, hängt in erster Linie von der Art der Daten ab und zum zweiten von der Art der statistischen Kenngröße, die analysiert werden soll.

Prinzipiell werden zwei Datenarten unterschieden:

  • attributive Daten
  • stetige (kontinuierliche) Daten

stetige (kontinuierliche) Daten

Stetige Daten können theoretisch eine beliebige, unendliche Anzahl von Werten annehmen z. B. 13,997565 oder 293898,214 oder auch 0,0.  In der Praxis ist die „Unendlichkeit“ der Werte i.d.R. durch die Auflösung des Messsystems beschränkt.

Bei Regelkarten für stetige Daten wird mathematisch gesehen die Gauss- oder Normal-Verteilung genutzt, weil von einer Normalverteilung der Daten ausgegangen wird.

attributive Daten

Die attributive Prüfung von qualitativen, nicht oder nur schwierig messbaren Merkmalen ist ein in der Praxis häufig vernachlässigter Bereich von SPC. Attributive Daten sind zwar meist leichter zu erfassen als stetige Daten, aber die abschließende Beurteilung erfolgt häufig individuell und unterliegt deshalb prüferabhängigen Schwankungen. Häufig handelt es sich um Zählungen – was relativ einfach ist, aber stark von der Konzentrationsfähigkeit des Prüfers abhängen kann, oder um qualitative Bewertungen, was oft z.b bei Farbübergängen sehr unterschiedlich erfolgen kann. Hier ein paar Beispiele für attributive Merkmale z.B.

  • Anzahl Fehler pro Bauteil
  • Anzahl Partikel pro m² lackierte Fläche
  • Gut – Schlecht, i.O. – n.i.O.
  • Schulnoten sehr gut, gut, befriedigend usw.
  • Blau – Grün – Gelb usw.

Attributive Daten folgen zwei unterschiedlichen (mathematischen) Verteilungen – Der Binomial – Verteilung oder der Poisson – Verteilung.

Arten von SPC – Regelkarten / Qualitätsregelkarten

Es gibt zahlreiche, unteschiedliche Typen und Arten von Qualitätsregelkarten – je nach verwendeter statistischer Kenngröße und Datenart. Untenstehend finden Sie einige, häufig anzutreffende Arten aufgezählt. Je nach Aufgabenstellung werden diese kombiniert verwendet. Man spricht dann von zweispurigen bzw. mehrspurigen Qualitätsregelkarten.

Qualitätsregelkarten für stetige Daten

  • I-Karte (Einzelwert einer Stichprobe)
  • Xquer-Karte (Mittelwert einer Stichprobe)
  • CUSUM-Karte (gleitender Mittelwert von Stichproben)
  • R-Karte (Spannweite einer Stichprobe)
  • MR-Karte (gleitende Spannweite von Stichproben)
  • S-Karte (Standardabweichung einer Stichprobe)

Qualitätsregelkarten für attributive Daten

  • C-Karte (Anzahl Fehler oder Ereignisse in Stichprobe mit konstante Größe, C = counts)
  • U-Karte (Anteil Fehler oder Ereignisse in Stichprobe mit variabler Größe, U = unit)
  • NP-Karte (Anzahl fehlerhafter Einheiten in Stichprobe mit konstanter Größe, NP = number of proportions)
  • P-Karte (Anteil fehlerhafter Einheiten in Stichprobe mit variabler Größe , P = proportions)

Sie haben bereits SPC, kämpfen aber trotzdem mit Ausschuss oder instabilen Prozessen? Wir können helfen. Hier ist Ihr Kontakt zu uns.

Pre-Control Regelkarte

Alle Regelkarten benötigen Daten aus einem Vorlauf als Berechnungsbasis. Dieser ist häufig zeitaufwendig oder nur eingeschränkt durchführbar. Vor diesem Hintergrund ist die Pre-Control-Regelkarte entwickelt worden – ein interessanter, wenn auch teilweise umstrittener Ansatz.

SPC-Qualitätsregelkarten erstellen

Shewhart entwickelte zur Prozessüberwachung sogenannte control charts (dt. Qualitätsregelkarten QRK). Diese dienen als einfaches Werkzeug vor Ort dazu, die Prozesse im gewünschten Soll-Fenster zu überwachen und – durch entsprechende, frühzeitige Korrekturen – zu halten. Wichtig ist, im Zuge der Erstellung der QRK´s auch die entsprechende Vorgehensweise der Stichprobennahme festzulegen.

Warngrenzen & Eingriffsgrenzen

Shewhart definierte ausgehend von der Prozessmittellage – die idealerweise mit der Toleranzmittellage übereinstimmt –  und der empirisch bestimmten Prozessstreuung  sogenannte Warngrenzen und Eingriffsgrenzen.

Üblicherweise werden die Warngrenzen mit einem Abstand von +/- 2sigma, die Eingriffsgrenzen mit einem Abstand von +/- 3sigma ausgehend von der Prozessmittellage definiert. Damit umfasst die Warngrenze ca. 95%, die Eingriffsgrenze bei ca. 99,7% der erwarteten Streuung.

Liegt ein Messwert ausserhalb der Grenzen, ist diese Überschreitung sehr wahrscheinlich nicht durch zufällige Streuung, sondern durch eine kausale Prozessveränderung bedingt.

Toleranzgrenzen vs. Eingriffsgrenzen

Wichtig ist, dass bei Erreichen der Eingriffsgrenzen immer noch Produkte innerhalb der Toleranzgrenzen entstehen. Dies wird bei der Bestimmung der Prozessfähigkeit geprüft, da Cp bzw. Cpk Verhältniswerte von Prozessstreuung zu Toleranzbreite sind.

Neben der statistisch gestützten Festlegung der Warn- und Eingriffsgrenzen sollte beachtet werden, wie schnell und wie heftig ein Prozess auf einen Prozesseingriff und damit auf die SPC Massnahmen reagiert.

SPC – Massnahmen – Out of Control Actions

Wird eine Warn- oder gar Eingriffsgrenze überschritten, müssen sofort Massnahmen zur Überprüfung der Prüfergebnisse und out-of-control-actions (OOCA) zur Wiedererreichung der Prozessstabilität eingeleitet werden. Die einfachste Massnahme kann sein, die Prüfung zu wiederholen um sicher zu sein, dass das Prüfergebnis nicht ein zwar unwahrscheinlicher, aber statistisch gesehener Normalfall war. Diese Massnahmen sollten VORHER definiert, kommuniziert und geübt worden sein. Erst im Abweichungsfall darüber nachzudenken, ist viel zu spät und gelingt in Stresssituationen vielfach nicht.

Schulung  & Beratung zu SPC und Prozessstabilisierung

Wir bieten offene Schulungen und inhouse-Training   zu SPC und Prozessoptimierung an.

Beratung bei Prozessstörungen und Qualitätsproblemen

Wir helfen Ihnen, Ihre Prozesse zu stabilisieren, Qualitätsprobleme zu eliminieren und führen SPC zur Prozesskontrolle ein. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.

Hier ist Ihr Kontakt zu uns.

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